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Ende des Lockdowns gefordert

Ende des Lockdowns gefordert

Offener Brief an die Teilnehmer des Corona-Gipfels

Als Bürgermeister der Gemeinde Elsteraue wende ich mich heute an unsere Bundeskanzlerin Merkel, unseren Ministerpräsidenten Haseloff, die anderen Ministerpräsidenten*innen und alle anderen Teilnehmer des morgigen Corona-Gipfels.

Ich fordere Sie hiermit unmissverständlich auf, den eingeschlagenen Kurs zur Bewältigung der Pandemie nun schnellstmöglich zu ändern, die versprochenen Hilfen unbürokratischer und schneller dort auszuzahlen wo es existenziell nötig ist und die Schulen und Kitas wieder allen zugänglich zu machen. Nur so besteht eine halbwegs realistische Chance, weitere Unternehmen vor der Pleite zu retten, Arbeitsplätze und familiäre Existenzen zu sichern und unsere Kinder nicht weiter sozial verarmen zu lassen.

Die Infektionszahlen sind nicht nur in unserer Gemeinde, unserem Kreis oder unserem Bundesland deutlich rückläufig, sondern bundesweit. Die Lage entspannt sich, die Maßnahmen haben gewirkt, und das ist auch gut so. Eine weitere Verlängerung ist meiner Meinung nach aber nicht zu vertreten.

Gerade die Betriebe, die vor dem 2. Lockdown finanziell und organisatorisch alles Menschenmögliche unternahmen um die Hygienebestimmungen einzuhalten, MÜSSEN wieder öffnen dürfen.  Wie sich gezeigt hat, waren und sind z.B. Gaststätten, Friseure und der Einzelhandel keine Infektionsschleudern. Deren Schließung hat sich nicht, wie von Ihnen prophezeit, positiv auf das Infektionsgeschehen ausgewirkt. Die Probleme lagen da wohl eher im privaten Bereich.

Der 2. Lockdown war als letztes Mittel sicher notwendig, aber die aktuellen Fakten müssen spätestens jetzt zu einem Umdenken führen und dürfen den Lockdown nicht bis ins Frühjahr verlängern. Die Existenz unzähliger Unternehmen steht auf dem Spiel, wobei es gerade für die kleinen Unternehmen und Dienstleister ums nackte Überleben geht. Deshalb MÜSSEN jetzt die vielfach versprochenen Hilfen zügig, vollständig und unbürokratisch ausgezahlt werden. Leider ist das bis heute nämlich noch nicht zufriedenstellend der Fall. Allein in unserer kleinen Gemeinde gibt es eine Vielzahl bedrohter Unternehmen, die seit Monaten keine, oder nur unvollständige, Hilfszahlungen erhalten haben.

Statt sich fortwährend mit Durchhalteparolen medial zu inszenieren, von einer Vermutung zur nächsten zu hangeln und auf gefühlt hunderte Statistiken zu reagieren, müssen Sie sich endlich damit abfinden, dass wir mit diesem Virus leben müssen. Ziel kann es nicht mehr sein, die Wirtschaft für Jahrzehnte an die Wand zu fahren, nur um irgendwann mal eine Inzidenz von annähernd 0 zu erreichen, sondern wir müssen Maßnahmen und Regeln entwickeln, die allen ein höchstmöglich sozialverträgliches, selbstbestimmtes und finanziell abgesichertes Leben ermöglichen, ohne die eigene Gesundheit dabei zu vernachlässigen.

Dafür MÜSSEN wir neben dem Ende des Lockdowns eine einheitliche Impfstrategie entwickeln und konsequent umsetzen. Hierzu bedarf es auch einer klareren Regelung mit Handlungsempfehlungen zur Rechtssicherheit für die Mitarbeiter in den Impfzentren, um Möglichkeiten zu haben am Ende eines Tages kurzfristig mit nicht genutzten Impfdosen umzugehen. Ohne diese Debatte sinnlos anheizen zu wollen, müssen dennoch diejenigen verfolgt und bestraft werden, die aus purem Eigennutz und unter Ausnutzung Ihres Amtes gegen jede Moral verstoßen und sich außerhalb der Impfreihenfolge impfen lassen. Eine einfache Ermahnung oder ein Fingerzeig der Regierung reicht hier bei weitem nicht mehr aus. Diese Bürgermeister, Landräte und sonstige Mandatsträger sollten eigentlich eine Vorbildfunktion einnehmen und nicht das Vertrauen der Bevölkerung in eine faire Impfreihenfolge mit Füßen treten. Ihnen ist es somit zu verdanken, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Politik und deren Maßnahmen verliert. Natürlich darf bei der aktuellen Knappheit kein Impfstoff vergeudet werden, ich denke das versteht sich von selbst. Aber wenn die angesprochenen Politiker dem Bürger ernsthaft versuchen zu erklären, dass weit und breit kein Rettungsdienst, Krankenhauspersonal, Pflegepersonal, Feuerwehr, Polizei oder sonst zu priorisierender Bürger oder Mitarbeiter des Impfzentrums da war, der hätte geimpft werden können, dann ist das mehr als nur unglaubwürdig.

Kommen wir zu denen in unserer Gesellschaft, die ihre Interessen nicht selbst vertreten können, den Kindern. Statt nun wieder längst überholte Regeln für Schulen und Kitas auszukramen, ewig durchzukauen und die Rahmenhygienekonzepte zum 28. Mal der Lage anzupassen, MÜSSEN Sie die Kitas und Schulen jetzt sofort öffnen. Seien sie gewiss, dass sich Träger und Personal unserer Einrichtungen der Bedeutung der Situation bewusst sind und die Gefahr von Übertragungen auf ein vertretbares Minimum reduzieren. Auch wenn die Schulen und Kitas der Gemeinde Elsteraue glücklicherweise von einem direkten Fall verschont blieben, gab es sicher in anderen Einrichtungen entsprechende Infektionen, aber doch nicht mehr als in vielen anderen Bereichen auch. Durch die Schließung verlagert sich das Infektionsgeschehen höchstens in z.B. die privaten Bereiche, aber es verschwindet doch nicht. Die Schließung trägt somit nicht in dem Maße zu einer Senkung der Inzidenz bei, die es rechtfertigt, die sozialen, kulturellen und pädagogischen Interessen und Bedürfnisse unserer Kinder durch anhaltende Schließungen zu beschneiden. Wenn man jetzt noch vergleicht, dass z.B. der Profisportler jeden Monat weiterarbeiten kann und haufenweise Geld verdient, ein Kind aber in der Schule nicht lernen darf, was für sein ganzes weiteres Leben wichtig ist, dann kräuseln sich mir die Fußnägel hoch.

Mir ist bewusst, dass ich leider auch mit diesem Brief wahrscheinlich wieder genau so wenig erreichen werde wie bei meinen zahlreichen Anmerkungen zur katastrophalen Vergabe von Fördermitteln des Strukturwandels, der allgemein völlig unzureichenden finanziellen Ausstattung der Städte und Gemeinden, des unzureichenden Betreuungsschlüssels in unseren Kitas, der merkwürdigen Verwendung von Fördermitteln zu indirekten Wahlkampfzwecken und so weiter und so fort.

Diese deutlichen Worte bin ich den Bürgern und Unternehmern meiner Gemeinde schuldig. Vielleicht hilft es diesmal ja auch, mein Anliegen als offenen Brief zu verfassen. Das Risiko, dass die Gemeinde Elsteraue, oder ich selbst in der Gunst und Wahrnehmung durch Bund, Land und Kreis weiter sinken, nehme ich hierfür gerne in Kauf.

 

Hochachtungsvoll

Andreas Buchheim
Bürgermeister Gemeinde Elsteraue

© Michael Dauster E-Mail

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